Ludicrous lawyers – between data privacy and scam
Google fonts ist eine der beliebtesten Quellen für kostenlose Schriftarten. Mit über 1400 verfügbaren Fonts (Stand 2022), inklusive vieler bekannter Favorites, wie Montserrat, Poppins oder Roboto, ist das wenig verwunderlich. Oh, und hatte ich schon erwähnt, dass alle Schriften open source sind, also kommerziell auf Produkten, in Logos oder auf Websites verwendet werden dürfen? Was für ein Segen! Und gleich vorweg: Daran hat sich überhaupt nichts geändert. Warum müssen wir uns trotzdem mal wieder mit Mahnungen, anwaltlichen Drohbriefen und Schadensersatzforderungen herumschlagen?
Was ist passiert?
Anfang 2022 wurde ein Webseitenbetreiber durch das Landgericht München nach Klage eines Nutzers zu 100,00 Euro Schadensersatz verurteilt. Der Grund: Die nicht datenschutzkonforme Einbindung von Schriftarten über Google fonts.
Die Fonts liegen quasi in der Cloud – das klingt praktisch und komfortabel, führte jedoch zu genau diesem Urteil. Warum? Stellen Sie sich vor, sie besuchen jetzt eine Website, die „Cloud“-Google Fonts nutzt. Damit Google weiß, wo die Schriftarten hingeschickt werden sollen, muss die Website Ihre IP-Adresse an Google übermitteln, in diesem Fall also in ein anderes (Nicht-EU-) Land. Solange vorher keine Einwilligung dafür von Ihnen eingeholt wurde, liegt in Deutschland bereits ein Verstoß gegen die Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) vor. Denn es wird eine Abwägung zwischen Ihren Interessen (und der Gefährdung), sowie den Interessen des Webseitenbetreibers gemacht wird und die IP-Adresse wird als personenbezogene Information gewertet. Weil die DSGVO vorgibt, dass immer die datenschutzfreundlichste Option gewählt werden sollte, und die externe Einbindung von Google fonts nur aus Bequemlichkeit geschehe, liegt der Ausgang dieses Verfahrens am Landesgericht München auf der Hand. Genauso einfach ist die Lösung: Binden Sie die Schriftarten lokal ein. Klappe zu, Affe tot. Denn nochmal: Das Problem ist nicht, dass Google fonts verwendet werden, sondern nur das „wie“.
Zwischen Datenschutz und Betrug
Ja, es gibt Situationen, in denen Webseitenbetreiber haftbar gemacht werden können, wenn Sie tatsächlich gegen die DSGVO verstoßen haben. Die externe Einbindung von Google fonts ohne konkrete Einwilligung des Nutzers wird in Deutschland so gedeutet. Allerdings rollte gut ein halbes Jahr nach der Entscheidung des Landesgerichts München eine regelrechte Abmahnwelle über das Land, die damit nur oberflächlich etwas zu tun hatte. Die beschriebene Rechtslage wurde als Fassade genutzt, tatsächlich handelte es sich bei diesen „Abmahnungen“ aber größtenteils um Betrugsversuche. In vielen Fällen gab es überhaupt gar keine Website (oder sie war nicht live geschaltet). Irgendwie schwer vorstellbar, dass dann ein Verstoß gegen die DSGVO vorliegen kann.
Kurzum: Es wurden zufällig Domains abgegriffen und mit der Methode Schrotflinte wild um sich geschossen. Das Traurige ist, dass einige darauf reingefallen sind, obwohl sie völlig unschuldig waren. Entweder weil sie der Art des Schreibens eingeschüchtert sind und/oder den Hintergrund technisch und rechtlich nicht einschätzen können – deshalb lohnen sich solche Scams immer wieder. Gut wiederum ist, dass zügig strafrechtliche Ermittlungen gegen die beteiligten Personen und Kanzleien aufgenommen wurden, die auf ein paar schnelle Scheine aus waren.
Lassen Sie sich nicht einschüchtern
Auch wenn solche Vorfälle schnell verunsichern können – lasse ich lieber gleich die Finger von Google fonts? Halte ich mich einfach aus der Schusslinie? Die Haltung ist auf der einen Seite verständlich, die Rechtslage ist häufig unübersichtlich und viel Interpretation. Aber:
Egal, was sie online tun, sobald sie öffentlich sichtbar werden, z.B. mit einer Homepage, sind Sie ein potenzielles Ziel für solche Betrugsmaschen. Daran führt leider kein Weg vorbei. Das sollte niemanden davon abhalten, Seiten wie Google fonts zu verwenden – ganz im Gegenteil. Open source-Projekte sind eine grandiose Errungenschaft und etwas, das immer gefördert und genutzt werden sollte. Auch wenn es Giganten wie Google sind, die sie anbieten. Vielleicht ist es dann sogar umso wichtiger.