Schriftgestaltung- Geschmack oder Wissenschaft?
„Geschmacksache, hatte der Affe gesagt, als er in die Seife biss“. Mein Opa hat diesen Spruch früher öfter gesagt und er hat mich mein Leben lang begleitet. Denn ich arbeite in einer gestaltenden Branche. Design ist unser Lebensunterhalt und wir fragen uns oft, wie viele unserer Projekte beruhen auf Gestaltungswissenschaften und wie viel unseres Resultates ist einfach nur Geschmack. Gerade bei dem Thema Schrift und Schriftgestaltung, würde so mancher sagen, dass es nur um Geschmack geht.
Um diese Frage zu klären, müssen wir etwas ausholen, nämlich an die Stelle, an der wir diese Begriffe erst mal definieren müssen:
Geschmack
Geschmack ist ein kulturelles und ästhetisches Ideal, insofern damit differenzierte Urteilsfähigkeit gemeint ist, nach der jedermann streben soll.
Quelle: https://de.wikipedia.org/wiki/Geschmack_(Kultur)
Design
Design [dɪˈzaɪn] (eng. für ‚Gestaltung‘) bedeutet meist Entwurf oder Formgebung. Design ist ursprünglich die äußerliche Form- und Farbgestaltung eines Objekts, beinhaltet aber heute eine Vielzahl von weiteren Aspekten.
Quelle: https://de.wikipedia.org/wiki/Design
Gestaltung
Gestaltung ist ein kreativer Schaffensprozess, bei dem durch die Arbeit des Gestaltenden eine Sache erstellt, modifiziert oder entwickelt wird, wodurch sie eine bestimmte Form oder ein bestimmtes Erscheinungsbild verliehen bekommt oder annimmt.
Quelle: https://de.wikipedia.org/wiki/Gestaltung
+++und da wir nicht mehr in der Uni sind, ist Wikipedia für uns eine legitime Quelle 😉+++
Gestaltung unterliegt also bestimmten Regeln
Die Einteilung eines visuellen Konstruktes gibt uns Aufschluss darüber, ob die Gestaltungsregel
Nummer eins eingehalten wurde, der goldene Schnitt, eine ewig alte geometrisch erwiesene Gleichmäßigkeit. Das menschliche Gehirn liebt Gleichmäßigkeit, Gleichförmigkeit und Symmetrie.
Der goldene Schnitt besagt nichts anderes, als dass wir so ein vermessenes Pack sind, dass wir auch die optische Perfektion UNSEREM Ebenbild gleichsetzen.
Von links nach rechts symmetrisch, in der Vertikalen haben wir leichte Tendenz den Mittelpunkt nach oben zu verschieben. Die gestalterische optische Mitte liegt übrigens 10% über der reellen Mitte… warum nur?
Wir finden alles gut, was uns entspricht, worin unser Gehirn eine Bekanntheit bestätigt und somit fühlen wir uns in der Lage, eine „Schönheit“ zu beurteilen. Oder warum ist Jessica Alba’s Gesicht das bekannteste, wenn es um Perfektion geht? Sie hat computergemessen das symmetrischste, proportional beste Gesicht der ganzen Prominenz.
Schönheit liegt im Auge des Betrachters?
Ja und nein. Schönheit liegt in der geometrischen Konstruktion unseres Gehirns, das ein Objekt, eine Visualisierung nach Bezug zum Selbst bewertet.
Was hat das alles mit Schriften zu tun? Let me get to that.
Im Design, auch im Schrift Design gibt es eine Regel:
Form follows function: Eine Gestaltung muss zielgerichtet sein und funktionieren. Das sollte eine Schrift erst recht!
Hätten Sie das Gefühl in den folgenden Geschäften steckt geballte Kompetenz?
Was empfinden Sie bei diesen Sätzen?
Also, nicht nur dass jede dieser Aussagen echt übel ist. Die Schrift hat doch gleich etwas bewirkt oder nicht? Könnte also eine Aussage des Unternehmens sein, dass diese Schriften in ihrem Corporate Design einsetzt… also nochmal zum Mitschreiben: Schriften sind an dieser Stelle keine Geschmacksache, sondern eine Zuordnungssache!
Und weiter im Text der Geschmackstheorie
Wenn Kunden über gutes Design oder über Geschmack reden, sagen sie oft „können wir das etwas Appleig machen?“ und sie meinen damit das schlichte, „funktionale“ Apple Design.
Apple hat schon immer alles, was unnötig war und nicht zu einer direkten User-experience beiträgt einfach gestrichen. Es sagt kaum einer, dass ein MacBook oder ein iPhone hässlich wären und warum nicht? Weil es (nochmal) zielgerichtet und funktional ist.
Anhand der Beispiele oben habe ich ja schon einige Dinge erklärt, die Schriften bewirken können. Sie können eine Kompetenz außer Kraft setzen oder Vertrauen schaffen. Sie können klar zuordnen und schnell begreiflich machen. Sie können also, richtig eingesetzt, einen gewünschten Eindruck vermitteln.
Durch die Verbreitung der digitalen Schriften und der daraus entstandenen unendlichen Möglichkeiten ist es für Design-Teams oft die Qual der Wahl.
Schauen wir uns ein paar Schriften an, die gerne von verschiedenen Branchen genutzt werden:
Ja, wie gesagt: Die Qual der Wahl…